Meine erste Karriere führte mich in die Pharmabranche, wo ich insgesamt 15 Jahre als Chemielaborant tätig war und bei der Entwicklung verschiedenster Wirkstoffe mitarbeitete. Ich lernte dabei das Arbeiten im Grosskonzern ebenso kennen wie im kleinen Start-Up. Aber mein Wissensdurst in gesellschaftlichen, politischen oder wirtschaftlichen Fragen trieb mich zurück auf die Schulbank.
Also habe ich ab 2006 berufsbegleitend die Erwachsenenmatur absolviert und danach Soziologie, Politikwissenschaft und Geschichte studiert. Später folgte ein CAS in Nonprofit Governance & Leadership. Gleich im ersten Semester belegte ich einen Kurs in Entwicklungssoziologie. Der theoretische und historische Blick auf die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) faszinierte mich sofort und ich schrieb meine meisten Arbeiten in diesem Bereich. Darunter waren eine Fallstudie zu «Land-grabbing in der pakistanischen Provinz Belutschistan» oder mehrere Arbeiten über Ägypten, darunter auch meine Masterarbeit. Nach dem vermeintlichen ägyptischen Frühling ab 2011 durchlebte das Land am Nil gewaltige Umbrüche, um – zumindest vorläufig – bei einem autokratischen Regime zu enden, das sogar noch repressiver als dasjenige von Mubarak war, an dem sich der Volkszorn entzündet hatte.
Wie geht Entwicklungszusammenarbeit?
Durch die intensive theoretische Beschäftigung mit der EZA habe ich ein Bild von der Art und Weise gewonnen, wie Entwicklungszusammenarbeit im 21. Jahrhundert aussehen muss, damit sie möglichst effizient, effektiv und nachhaltig ist. Sie muss die Menschen ernst nehmen und ihnen auf Augenhöhe begegnen. Aus einer scheinbar überlegenen Position der «Entwickelten» aufzutreten und zu predigen was andere tun sollen, funktioniert nicht. Die Umstände müssen spezifisch analysiert und gemeinsam mit den Partnern vor Ort passende Lösungen entwickelt werden.
Der Ansatz von CO-OPERAID überzeugt mich: die Projekte werden nicht am westlichen Schreibtisch entworfen, sondern in enger Kooperation mit lokalen Partnerorganisationen entwickelt. Diese in der Projektregion verwurzelten Gruppen kennen ihr Umfeld besser, als es eine westliche Organisation könnte. Mit ihnen zu kooperieren und die Projekte umzusetzen, bringt mehrere Vorteile. Einerseits wissen sie, was vor Ort benötigt wird und wie ein Projekt erfolgreich angegangen werden muss. Gleichzeitig stärken die gemeinsamen Projekte die lokalen NGOs, was ein Beitrag zum Aufbau einer gesunden Zivilgesellschaft ist.
Mir ist es wichtig, sich vor Augen zu halten, was die Entwicklungszusammenarbeit leisten kann und wo ihre Grenzen sind. Ich denke nicht, dass sie die globale Migration verhindern, die Ungleichheit zwischen Staaten und Kontinenten ausgleichen oder zentrale staatliche Aufgaben in Ländern des globalen Südens dauerhaft übernehmen kann. Das muss sie vielleicht auch gar nicht. Die EZA kann aber für viele einzelne Menschen ihre individuelle Chancengleichheit verbessern und ihnen eine Zukunft mit besseren Perspektiven bieten. Temporär kann sie Aufgaben übernehmen, für die in weniger entwickelten Staaten schlicht das Geld oder der politische Wille fehlt.
Voller Einsatz für CO-OPERAID
Seit Oktober 2020 arbeite ich für CO-OPERAID und habe zwischen Anfang Dezember und Ende Juni mit einem 60%-Pensum im institutionellen Fundraising Sonja Lanz vertreten, während sie in der Baby-Pause war. Ich wurde super aufgenommen und meine Arbeit macht mir viel Spass, da sie zugleich abwechslungsreich und sinnstiftend ist. Bis Ende Juli 2021 war ich zudem mit einem 40%-Pensum bei der Stiftung gegen Gewalt an Frauen und Kindern für das Fundraising und die Kommunikation zuständig.
Ehrenamtlich leite ich seit 2016 den Verein Together Human, der sich in den Bereichen Gesundheit und Bildung für Geflüchtete im Nahen Osten und in Europa einsetzt. Zusammen mit einigen Kollegen habe ich den Verein anfangs 2015 gegründet, da wir es nicht hinnehmen konnten, dass in einigen Ländern Europas und im Nahen Osten Kinder im Winter erfrieren mussten. Nachdem wir in den ersten Jahren vor allem Nothilfe geleistet haben, arbeiten wir heute (CO-OPERAID nicht unähnlich) eng mit unseren lokalen Partnern zusammen. Momentan realisieren wir z.B. in Jordanien für jugendliche Flüchtlinge psychosoziale Unterstützung. Begleitend erarbeiten wir eine Ausstellung, die voraussichtlich im Frühjahr 2022 in Basel ein erstes Mal gezeigt wird.
Nun freue ich mich, ab August 2021 mein Pensum bei CO-OPERAID auf 80% zu erhöhen und mich noch intensiver für die hehren Ziele des Hilfswerks einzusetzen. Zusätzlich zum Fundraising werde ich das als Projektleiter tun. Persönlich bin ich in dem Tätigkeitsgebiet angekommen, wo ich meine Zukunft sehe. Auch wenn ich erst einige Monate bei CO-OPERAID bin, wünsche ich dem Verein zum 40-Jahre Jubiläum von Herzen alles Gute. Nelson Mandela sagte einst: «Bildung ist die mächtigste Waffe, um die Welt zu verändern.» Viele Geschichten von Kindern und Jugendlichen, die von der Arbeit von CO-OPERAID profitiert haben, führen mir die Richtigkeit dieses Zitats immer wieder vor Augen. Ich hoffe, dass wir gemeinsam mit allen UnterstützerInnen, PartnerInnen und Freiwilligen noch viele Schicksale positiv beeinflussen können.
Rashid Abed, Fundraising-Manager und Projektleiter
abed(at)co-operaid.ch