CO-OPERAID arbeitet seit 40 Jahren als kleines, aber feines Hilfswerk für die Zielsetzung „Selbstbestimmung durch Bildung“. Bildung ist die Voraussetzung, dass ein Mensch einen Beruf erlernen, sich seinen Lebensunterhalt verdienen und über sein Leben selber bestimmen kann. Die Bildung der Menschen spielt eine Schlüsselrolle, wenn ein Volk über sein Geschick sowie seine Führung demokratisch entscheiden will oder zumindest eine kritische Zivilgesellschaft entstehen kann. Auch wenn das, was CO-OPERAID leistet, nur der berühmte Tropfen auf den heissen Stein ist, erhalten doch einige Individuen mehr eine Chance zu einem selbstbestimmten Leben.
Zollikon Vocational Training Centre in Uganda
Ein Beispiel ist das Zollikon Vocational Training Centre in Mukono, Uganda. Dieses war der Grund, warum mich der damalige Geschäftsführer Rao Satapati angesprochen und zum Mitmachen bei CO-OPERAID motiviert hat. Der Zolliker Alt-Pfadfinder Hans Diener hatte mit Pfadfindern um den ugandischen Pfadi-Leiter Stanley Magala in Mukono eine kleine Ausbildungswerkstatt für Schreiner aufgebaut. Nach dem altershalben Rückzug von Hans Diener habe ich mich diesem Projekt angenommen. Es war damals das grösste Projekt von CO-OPERAID. Zusammen mit lokalen Partnern ist schrittweise eine Berufsschule mit verschiedenen Sparten für junge Männer und Frauen entstanden. Mit der Zeit kamen neben der Schreiner-Lehre zusätzliche handwerkliche Lehren hinzu wie Maurer, Schneiderei, Gastgewerbe und Hotellerie. Die Jugendlichen lernten zusätzlich etwas Gärtnerei und Landwirtschaft, um sich und ihre Familien später selber versorgen zu können. Dies ist bei den tiefen Einkommen in Uganda nötig und in einer eher ländlichen Umgebung noch möglich. Die jungen Menschen haben sich nach der Lehre eine eigene Existenz aufbauen können und stehen auf eigenen Füssen.
Eine nachhaltige Investition
Anfänglich war die Schule auf die Beiträge von Bund, Kantonen, Gemeinden und Privaten aus der Schweiz angewiesen. Seit einigen Jahren wird die staatlich anerkannte Berufsschule von Regierungsseite etwas unterstützt, d.h. die Lehrersaläre. Ganz wichtig ist, dass die Berufsschule durch den Verkauf von Gütern und Dienstleistungen ein eigenes finanzielles Standbein aufbauen konnte. Durch die eigenen Gärtnerei- und Landwirtschaftsprodukte konnte von Anfang an auch die Schulküche versorgt werden. Das Engagement von CO-OPERAID ist deshalb nachhaltig gewesen und es wird in weiteren Projekten nach meiner Zeit als Präsidentin repliziert.
Handwerkliche Fähigkeiten sind nachgefragt
Sicher bringt ein akademischer Abschluss mehr Prestige mit sich. Praktische, handwerkliche Fähigkeiten werden jedoch stets nachgefragt. Es muss immer etwas gebaut, produziert, repariert oder geflickt werden. Die Menschen benötigen Nahrung. Wer dank einer soliden gewerblichen Berufsausbildung Arbeit und Einkommen findet, ist besser dran, als wer mit einem akademischen Abschluss ohne Job dasteht. Wünschenswert wäre, wenn die Berufsschule in Ländern wie Uganda durch eine praxisnahe Fachhochschule ergänzt werden könnte, wie es in der Schweiz der Fall ist. Dank dem dualen Berufsbildungssystem weist die Schweiz eine viel tiefere Jugendarbeitslosigkeit als andere Länder auf.
Eine kleine Organisation wie CO-OPERAID kann einigen Menschen dank Bildung zur Selbstbestimmung verhelfen. In diesem Sinne wünsche ich CO-OPERAID weiterhin erfolgreiches, nachhaltiges Gedeihen der Projekte!
Liliane Waldner, Präsidentin CO-OPERAID von 1999-2012
Liliane Waldner hat Betriebsökonomie studiert, war SP-Kantonsrätin und ZKB-Bankrätin. Sie ist die Tochter von Yusufu Lule, der kurzzeitig Präsident von Uganda war, und der Schweizerin Hildegard Schwarz-Waldner. Ein Teil ihrer Familie lebt in Uganda. Ihr entschlossener Kampf gegen Multiple Sklerose gibt vielen Menschen Mut und Kraft. http://www.fluss-frau.ch
Foto: Liliane Waldner an der Grundsteinlegung für die Berufsschule in Mukono, 1997.